Anwendungsgebiete
dentale Lachgassedierung
Hauptanwendungsgebiet der Lachgassedierung in der Zahnmedizin ist die Behandlung von Zahnarztangst.
Man rechnet heute damit, dass bis zu 60% aller Menschen Angst vor ihrem nächsten Zahnarztbesuch haben. Dies geht teilweise bis hin zur vollständigen Vermeidung des Besuchs beim Zahnarzt. Davon abzugrenzen ist die Zahnarztphobie, die zu den neurotischen Störungen gerechnet wird, und sich als solche u.a. mittels einer Lachgas-Sedierung nicht überwinden lässt.
Ziel der Lachgassedierung während einer zahnärztlichen Behandlung ist
- Beruhigung und weitgehende Angstfreiheit (Anxiolyse)
- häufig verminderte Berührungsempfindlichkeit des Rachens (verminderter Würgereiz)
- vermindertes Zeitempfinden (Behandlung wird kürzer empfunden) und so
- stressfreie Behandlung für Patient und Zahnarzt.
Rechtlicher Rahmen und Zertifizierung.
Lachgas kann zurzeit in Deutschland als apothekenpflichtiges Medikament von jedem Zahnarzt angewendet werden. Dabei sind folgende Publikationen zu beachten:
- "Einsatz von Lachgas zur minimalen Sedierung von Kindern in der Zahnheilkunde"
Gemeinsame Stellungnahme des wissenschaftlichen Arbeitskreises Kinderanästhesie der DGAI und des interdisziplinären Arbeitskreises Zahnärztliche Anästhesie der DGAI, BDA, DGKiZ und DGZMK [Phillippi-Höhne 2013] - "Anwendung der inhalativen Lachgassedierung in der Zahnmedizin"
Entschließung des Council of European Dentists (CED) [PDF der deutschen Übersetzung: CED-DOC-2012-007-D-FIN] - Lachgaszertifizierung der DGKiZ [http://www.dgkiz.de/lachgaszertifizierung.html]
Praxis.
In Ländern wie den USA, Großbritannien, Schweiz und den Niederlanden ist die dentale Lachgassedierung in allen Bereichen der Zahnmedizin seit Jahrzehnten fest etabliert. Die European Academy of Paediatric Dentistry (EAPD) empfiehlt Lachgas als Sedativum der ersten Wahl bei Kindern, und auch in Deutschland ist die Lachgassedierung in der Kinderzahnheilkunde weit verbreitet: gemäß dem Bundesverband der Kinderzahnärzte nutzten 2010 bereits 25% der in Deutschland zertifizierten Kinderzahnärzte die Lachgassedierung.
Dabei stellt die dentale Sedierung mit Lachgas selbstverständlich eine Ergänzung, nicht einen Ersatz der so wichtigen Methoden der Verhaltensformung gerade bei Kindern dar.
Unter Beachtung der bekannten Nebenwirkungen und der sich daraus ergebenden Kontraindikationen ist die Lachgasedierung heute ein sehr sicheres Verfahren: als "schwere" Lachgas-assoziierte Nebenwirkungen wurde über Verwirrtheit, Erbrechen, Bradykardie, Schwindel, Kopfschmerzen, Alpträume, Schwitzen und Somnolenz in 9 von 35.828 Anwendungen (0,03%) berichtet [Onody 2006].
Als alternative medikamentöse Sedierung ist neben Lachgas heute insbesondere die Gabe von Benzodiazepinen, v.a. von Midazolam (Dormicum®) gebräuchlich. Beide Methoden werden von den Patienten als gleich gut empfunden, Lachgas flutet nach der Behandlung jedoch deutlich schneller wieder ab [Wilson 2003].
Bei Anwendung allein von Lachgas bis maximal 50% wird eine Sedierungstiefe einer sog. "minimalen Sedierung" erreicht [ASA 2002, ADA 2007] , während der die Patienten wach und entspannt sind, Anweisungen bzw. akustischen Reizen folgen können, und eine normale Spontanatmung bei vollständig erhaltener Atemwegskontrolle und unbeeinträchtigter Herz-Kreislauf-Funktion haben.
Aufgrund einer individuell angepassten (titrierten) Dosierung meist zwischen 10 und 40% ist die analgetische (schmerzstillende) Wirkung von Lachgas nicht ausreichend, so dass die zahnärztliche Lachgassedierung üblicherweise mit einer Lokal- bzw. Leitungsanästhesie kombiniert wird.
Zusätzlich führt die Inhalation von Lachgas häufig zu einer Verminderung der Berührungsempfindlichkeit des Rachens (verminderter Würgereiz) und einem eingeschränkten Zeitempfinden, was für viele Patienten angenehm ist. Daher werden auch längere Behandlungen besser tolleriert und so auch für den Zahnarzt einfacher durchführbar.
Da Lachgas im Körper nicht metabolisiert , sondern ausschließlich über die Lunge abgeatmet wird, bleibt die kurze Wirkdauer von Lachgas bei eingeschränkter Nieren- oder Leberfunktion unbeeinflusst (siehe auch Pharmakologie).
Sedierung mit Lachgas im rbb FERNSEHEN
rbb PRAXIS berichtet aus der Praxis Melerski über die dentale Sedierung mit Lachgas .
Die Wirkung der titrierbaren Lachgassedierung wurde eindrucksvoll von Wilson et al. [Wilson 2003] demonstriert. In einer prospektiven, randomisierten Cross-over-Studie an insgesamt 40 Kindern im Alter von 12 bis 16 Jahren verglichen die Autoren die sogenannte „concious sedation“ mittels Lachgas mit einer Sedierung mittels intravenöser Gabe von 0,5 mg/kg bzw. maximal 5 mg Midazolam. Nach Sedierung mit einem dieser beiden Regime wurde nach lokaler Bezocain-Gel-Applikation und anschließender Lokalanästhesie jeweils ein Molarer extrahiert. Beide Sedierungsregime waren vergleichbar hinsichtlich der gemessenen Vitalparameter (Blutdruck, Sauerstoffsättigung und Herzfrequenz). Die Entlassung aus der Praxis war jedoch nach Lachgassedierung signifikant früher, nämlich bereits nach 35 ± 5 Minuten (MW ± SD), nach Midazolam erst nach 69 ± 5 Minuten möglich. Damit konnte die Wirksamkeit der dentalen Sedierung mit Lachgas belegt werden.
Die apparative Technik für die Lachgassedierung ist heute sicher und einfach handhabbar.
Auf dem deutschen Markt werden überwiegend amerikanische Flow-Mischer angeboten, die eine CE-Kennzeichnung haben sollten. Aus Sicherheitsgründen sollen nur Geräte verwendet werden, die das Einstellen von maximal 50% Lachgas in Sauerstoff zulassen [Phillippi-Höhne 2013] .
Nach entsprechender Schulung und Geräteeinweisung sind diese Geräte in der täglichen Routine einfach in ihrer Anwendung und von nur geringem Wartungsaufwand. Zur Einhaltung der vorgeschriebenen Arbeitsplatzkonzentrationen ist die Verwendung von patientennahen Absaugvorrichtungen mit Doppelmaskensystem sinnvoll.